Ausgangslage für unsere Forschungsarbeit:
Ein umfassender Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse, sowie den Stand der Forschung der zurückliegenden Jahre.
Interpretationen im Spätmittelalter und Früher Neuzeit:
Neopaganismus (von lateinisch paganus „heidnisch“) oder Neuheidentum bezeichnet seit dem 19. Jahrhundert aufgekommene religiöse und kulturelle Strömungen, die sich vor allem an antikem, keltischem, germanischem und slawischem Heidentum sowie an außereuropäischen ethnischen Religionen orientieren. Der Neopaganismus wird von seinen Anhängern als Wiederbelebung (Revitalisierung) ethnisch-vorchristlicher Religionen gesehen, die aufgrund der christlichen Missionierungen, der Christianisierung und Zwangstaufen – teils verfolgt und gewalttätig – untergingen. Die neuheidnischen Lehren und Praktiken werden von ihren Anhängern sowohl als „Urreligion“ der Menschheit als auch als Religion für die Zukunft betrachtet. Da es nahezu keine historischen Aufzeichnungen aus der Zeit des vorchristlichen Europas gibt, werden unter anderem nordische und keltische Mythen, Märchen und Sagen als Quellen herangezogen sowie auf Traditionen und exotische Rituale der „Naturreligionen“.
Interpretationen im 20. Jahrhundert:
Erst mit der Aufklärung im 20. Jahrhundert und dem wachsendem Interesse an der Geschichte in den Regionen ist ein Forschungs-Bewusstsein entstanden. 1929 stellte Wilhelm Teudt in seinem Buch Germanische Heiligtümer die These auf, das Kreuzabnahmerelief an den Externsteinen zeige mit dem gebogenen Gegenstand, auf dem die Figur eines Mannes steht, die – zum Zeichen für den Sieg des Christentums gebeugte – Kultsäule der Sachsen. Diese alte Darstellung hat sich seit dieser Zeit in vielen Schriften und Symbolen stark verfestigt. Dem Zug der Zeit folgend, wurde die Irminsul auch von anderen Gruppen wie der Nordischen Glaubensgemeinschaft und der Nordisch-Religiösen Arbeitsgemeinschaft verwendet. Die Irminsul spielte eine bedeutende Rolle als Symbol neuheidnischer Gruppen innerhalb und außerhalb des Nationalsozialismus. Die Bedeutung als Symbol lebte nach 1945 fort und wird teilweise auch politisch missbraucht.
Wo hat die Irminsul gestanden?
In den alten Schriften ist der Standort nicht genannt worden. Das hat einen einfachen Grund, zur damaligen Zeit erst recht und bis in die heutige Zeit hat die Kirche kein Interesse den wichtigsten Kultplatz für die Sachsen zu verorten. Von allen eingenommenen heidnischen Orten wurde sehr oft der Ort mit einem christlichen Bau (Kirche) versehen umso diesen für die Heiden zu entweihen.
Rudolf von Fulda (* vor 800; † 8. März 865 in Fulda) war ein Geschichtsschreiber und Theologe. Rudolf von Fulda begann die Niederschrift De miraculis sancti Alexandri (lat., „Von den Wundern des heiligen Alexanders“) im Jahre 863; kurz nach dessen Tod 865 wurde sie von Meginhard (seinem Schüler) fertiggestellt. Von Rudolf stammt die Einleitung (Kap. 1–3), in der er ausführliche Bemerkungen zur Herkunft und zur Lebensweise der heidnischen Sachsen sowie zu den Sachsenkriegen macht. Wichtige und nur hier überlieferte Informationen bietet Rudolfs Bemerkung zur Irminsul, dem sächsischen Hauptheiligtum (Kap. 3).
Erst mit dem Interesse für regionaler Geschichte haben einige Heimatforscher den Standort für Ihre Heimat reklamiert und einen mehr oder weniger „schlüssigen“ Beweis ins Spiel gebracht. Schon der Begriff Heimatforscher beschreibt, dass es um die eigene Heimat geht. Da wird alles an Beweisen herangezogen, was für die jeweilige Auslegung den „Standort der Irminsul“ in seiner Heimat gefunden zu haben.
Welche Orte sind im Gespräch:
- Paderborn
- Der Düwelsnacken
- Die Externsteine
- Die Eresburg
- Die Iburg
Durch die vielen bereits erbrachten Nachweise, aus den nachfolgend zitierten Schriften, lassen wir keine Zweifel aufkommen, dass die “Irminsul” auf der Iburg bei Bad Driburg gestanden hat. Die Argumente die zum Teil gegen diesen Standort angeführt werden, lassen sich durch einen neuen Kontext entkräften. Unsere Forschungsarbeit wird diese erbrachten Nachweise auch noch mit neuen Erkenntnissen zusätzlich bestärken.
Welche Schriften können Aufschluss geben:
Dr. Wilhelm Engelbert Giefers, (* 6. November 1817 in Brakel; † 26. November 1880 ebenda) war ein deutscher Gymnasialprofessor, Historiker und Autor. Giefers verfasste ein umfangreiches Werk meist regionalgeschichtlicher Literatur. Zudem war er in dem Verein für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abt. Paderborn, engagiert. Von 1855 bis 1880 war er dessen Direktor. Unteranderem verfasste er die Schrift „Zur Geschichte der Burg Iburg und Stadt Driburg“. aus den Jahr 1860. Doch sein Beitrag aus dem Jahr 1878 „Eresburg, Irmensäule, Bullerborn“ in der „Westfälischen Zeitschrift“ Band 36 ist wohl der wirkmächtigste. Eine Schrift die an Eindeutigkeit, Klarheit (in Bezug auf genannte Quellen und den Schlüssen daraus) und ohne Zweifel darlegt, dass die Irminsul nur auf der Iburg bei Driburg gestanden haben kann.
Friedrich Ludwig Hölzermann, (* 22. August 1830 in Salzuflen; † 10. August 1870 bei Sulz) war ein deutscher Offizier, Militärhistoriker und Numismatiker. Das umfangreichste Werk seines Schaffens ist die „Lokaluntersuchungen die Kriege der Römer und Franken sowie die Befestigungsmanieren der Germanen, Sachsen und des späteren Mittelalters betreffend”. Nach dessen Tode herausgegeben von dem Verein für Geschichte und Alterthumskunde Westfalens. Münster, Druck und Verlag von Friedrich Regensberg 1878. Zitat aus dem Buch: Die Iburg bei Driburg ist der Punkt, auf welchem einst die Irmensäule, inmitten einer sächsischen Burg, stand.
Carl Schuchhardt, (* 6. August 1859 in Hannover; † 7. Dezember 1943 in Arolsen) war ein deutscher Prähistoriker und Museumsdirektor. Seine Leidenschaft für neue und alte Sprachen führte Carl Schuchhardt zur Archäologie. Auf ausgedehnten Forschungsreisen in Europa widmete er sich besonders den frühgeschichtlichen Befestigungswerken und kann als Pionier der Burgenarchäologie gelten. Neben seiner Museumstätigkeit fand Schuchhardt Zeit, sich der Erforschung der Burgen seiner Heimat zu widmen. Seine ersten Grabungen in Niedersachsen führten ihn zur Wittekindburg bei Rulle und zur Heisterburg an der Deister. Er führte den von General Georg August von Oppermann († 1892) begonnenen „Atlas vorgeschichtlicher Befestigungen in Niedersachsen” zu Ende. Weiteres zu dem Thema in einem Artikel „Irminsul“ in der Beilage zur Allgemeinen Zeitung 7. April 1898 Zitat aus seinem Artikel: Die Irminsul hat überhaupt nicht auf einer Burg gestanden, also auch nicht auf der Iburg, sondern auf einer Stätte, die nur Heiligthum war und eben Irminsul hieß.
Ferdinand Haug, (* 21. Dezember 1837 in Sindelfingen, Königreich Württemberg; † 21. Juni 1925 in Stuttgart, Volksstaat Württemberg) war ein württembergischer Altertumswissenschaftler, Archäologe und Altphilologe. Nach seiner Pensionierung wurde Ferdinand Haug 1906 von der Universität Heidelberg die Ehrendoktorwürde für seine Verdienste um die Erforschung der badischen und württembergischen Frühgeschichte verliehen. Der Mannheimer Altertumsverein ernannte Haug zu seinem Ehrenmitglied. In dem Korrespondenzblatt „Germania“ Jahr 2 Mai / August 1918 Heft 3 /4 schrieb er in einem Artikel über die Irminsul. Zitat aus seiner Schrift: Hiernach bleiben wir bei der Ansicht stehen, dass uns nur eine Irminsul bekannt ist, nämlich die von Karl d. G. im Jahre 772 im Sachsenlande zerstörte. Ihr Gedächtnis wirkt lange nach, ohne bestimmte Vorstellung von ihrer Gestalt, aber mit der allgemeinen Idee von etwas Großem, Gewaltigem.
Dr. med. L. Lünnemann, war Sanitätsrat und Vorsitzender des Verschönerungs- und Verkehrsvereins Bad Driburg, bereits im März 1901 schreibt er einen Bericht in der Zeitschrift „Der Burgwart“ über die Iburg. Der Burgwart ist eine Zeitschrift für Burgenkunde und das ganze mittelalterliche Befestigungswesen. Ein Organ der Vereinigung zur Erhaltung deutscher Burgen. Die Erkenntnisse nach der Grabung fasste er in einer weiteren Schrift “Iburg und Driburg” 1907 zusammen.
Jost Trier, (* 15. Dezember 1894 in Schlitz; † 15. September 1970 in Bad Salzuflen) war ein deutscher Linguist und germanistischer Mediävist. Er war Ordinarius für Germanische Philologie der Universität Münster. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten trat Trier 1933 der NSDAP bei. Im Jahr 1933 übernahm Trier den Vorsitz der Volkskundlichen Kommission für Westfalen, dieses Amt legte er 1943 nieder. Im Jahr 1934 wurde Trier zum ordentlichen Mitglied der Historischen Kommission für Westfalen gewählt. 1969 wurde seine Mitgliedschaft in eine korrespondierende umgewandelt. Von 1935 bis 1937 war Trier Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Münster. 1939 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften gewählt. In der Nachkriegszeit wurde Jost Trier 1956/57 Rektor der Universität Münster. Seit 1961 gehörte er dem Senat der Deutschen Forschungsgemeinschaft an. 1964 war Trier einer der Mitbegründer des Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim. 1968 wurde Jost Trier mit dem Konrad-Duden-Preis ausgezeichnet. Von größter Wichtigkeit ist der Aufsatz „Irminsul“, veröffentlicht in den Westf. Forschungen 1941, Heft 3. Dem Verfasser gelingt es durch interessante sprachgeschichtliche, mythologische und baugeschichtliche Untersuchungen klarzustellen, wie wir uns die Irminsul zu denken haben.
Karl Schoppe, war Lehrer und Heimatforscher: „Die Irminsul, Forschungen über ihren Standort“ 1947, Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn. Darüber hinaus bestand insgesamt ein ungebrochenes Interesse am Mittelalter; Schoppe hielt am 19. Dezember 1945 einen Vortrag über das Thema: Wo stand die von Karl dem Großen zerstörte Irminsul? im Arbeitskreis für Volkskunde zu Paderborn.
Die Region:
Lippe und Ruhr, Rhein und Teutoburger Wald mit dem Eggegebirge bilden die natürliche Begrenzung einer Landschaft, die von ihrer mittleren Straße, dem Hellweg, wie von einem Rückenmarkstrang belebt und zusammengehalten wird.
Die erste Freilegung und Grabungen auf der Iburg im Jahre 1859-1860
Seit der Zerstörung im Jahre 1444 (durch Otto von Braunschweig) ist die Burgruine in einem tiefen Schlaf gefallen und in Vergessenheit geraten.
1859/1860 Der Driburger Bürgermeister Jakob Schnorbus (wurde am 23. Oktober 1857 zum Bürgermeister gewählt. Vom 05.01.1858 bis 31.12.1869 ist er im Amt gewesen. Er stammt aus dem sauerländischen Hallenberg, und war zuvor Warendorfer Kreissekretär) veranlaßt eine erste Ausgrabung auf der Burg. Über die Ergebnisse dieser Ausgrabung ist leider nichts bekannt.
Zitat aus der Einleitung im Buch „Zur Geschichte der Burg Iburg und Stadt Driburg“ von Dr. Wilhelm Engelbert Giefers aus dem Jahr 1860:
„Die verfallenen Reste der Grund- und Umfassungsmauern der alten Bergfeste, welche unlängst vom Schutte, der sie Jahrhunderte hindurch bedeckt hatte, befreit sind, ²) sowie ein von allen Seiten verwitterter, den Einsturz drohender Turm mahnen uns an die Geschichte vergangener Zeiten und lenken unseren Blick zurück zu den Tagen grauer Vorzeit, wo das Heidentum hier gestürzt und das erste Samenkorn des Christentums in dieser Gegend ausgestreuet wurde.“
²) Das auf Veranlassung des trefflichen Bürgermeister Schnorbus zu Driburg die wohlhabenderen Bürger daselbst gegen 100 Thlr. zu diesem Zwecke zusammengelegt, und viele andere Bürger an der Ausgrabung der Ruinen unentgeltlich gearbeitet haben, verdient gewiss alle Anerkennung.
Grabungen im August 1885
Bereits um 1885 entstand ein erstes Aufmass der Wallburg durch August von Oppermann und Carl Schuchhardt, das den Hauptwall noch deutlich bis unterhalb der damals noch nicht vorhandenen Aussichtsterrasse darstellt. Der weitere Verlauf war zumindest noch als Geländekante zu erkennen. Beide verfolgten die Absicht einen sehr umfangreichen Werk den “Atlas vorgeschichtlicher Befestigungen in Niedersachsen” zu erstellen. Die Forschungsergebnisse sind sehr detailiert für viele Burgen aus dem frühen Mittelalter.
Zitat aus dem Atlas: Als drei Hefte erschienen waren, fühlte Herr v. Oppermann den Beginn einer schweren Erkrankung und ersuchte mich, der ich eben eine Reihe von Ausgrabungen auf niedersächsischen Burgen gemacht hatte […], die Fortführung des Atlas zu übernehmen. Kurze Zeit darauf, im Herbst 1892, ist er gestorben. Ich habe einige Zeit geschwankt, ob ich auf den Antrag eingehen sollte. […] Im Juli 1916. C. Schuchhardt
Grabungen der Jahre 1901 bis 1902
Die Ausgrabungen der Jahre 1901 und 1902, welche von der Kgl. Regierung und der westfälischen Provinzialverwaltung auf der Iburg unternommen wurde, boten den Anlaß, die Geschichte der Iburg von neuen zu erforschen und sie in folgendem mit dem Ergebnis der Ausgrabungen zu schildern. Der Vorsitzende des Verschönerungs- und Verkehrsvereins Bad Driburg, Sanitätsrat Dr. Lünnemann hat diese Aufgabe übernommen und in einem Buch “Iburg und Driburg” festgehalten.
Grabungen der Jahre 1956 bis 1957
Erst 1956/1957 erfolgten Nachuntersuchungen durch den damaligen Vorsitzenden der Altertumskommision für Westfalen, Prof. Dr. August Stieren und Anton Doms. Sie stellten fest, dass die bereits bekannte Mauer nicht wie von Schuchardt angenommen, auf dem gewachsenen Fels auflag, sondern auf einem älteren Stein-Erde-Wall aufgebaut war, konnten jedoch keine Erkenntnisse über das Alter der Wälle gewinnen.
Grabungen der Jahre 2000 bis 2002
Im Verlauf von Restaurierungsmaßnahmen an der frühgeschichtlichen Iburg bot sich die Gelegenheit, die Ergebnisse der Grabungen aus den 1950er Jahren zu überprüfen. Dabei standen die Fragen nach der Konstruktion und nach der Datierung der Wälle im Vordergrund. Für die Untersuchung wurde bewust die Stelle gewählt, an der Schuchhardt und später Doms ihre Schnitte anlegten. Weiteres kann in dem Heft Nr. 26 “Frühe Burgen in Westfalen” von Werner Best und Heinrich Rüthing nachgelesen werden. …In der Flucht von Mauer 1 konnten sechs Pfostengruben mit Durchmesser zwischen 0,30 und 0,50 m festgestellt werden. Sie waren durchschnittlich in einem Abstand von 0,20 m in den felsigen Untergrund eingetieft. Direkt östlich anschließend war ein flaches Gräbchen in den Kalkfels eingeschlagen, das aus der Mauerflucht in östlicher Richtung abwich und in der südlichen Hälfte der Fläche auslief. Während sich das Gräbchen bisher einer Deutung entzieht, sind ohne Zweifel in den Pfostengruben Standspuren senkrecht stehender Hölzer zu sehen die der Trockenmauer zusätzlich Halt verliehen.
Unsere Forschungsarbeit bis 2022
Wir sehen uns mit unserer neuen Forschungsarbeit in der Linie mit Dr. Giefers, Dr. Lünnemann und Schoppe. Mit unseren neuen (digitalen) Mitteln bei der Erforschung und den Informationen auf der Internetseite wollen den breiten Zugang für alle interessierten Leser ermöglichen. “Die Geschichte sichtbar machen” Verschiedene Forschungsarbeiten die in der jüngeren Zeit publiziert wurden müssen in einem neuen Kontext gestellt und zusammengeführt werden, nur so ergibt sich ein neues Gesamtbild über den „Standort der Irminsul“.